Wer heute eine Flugreise von einem deutschen Flughafen antritt, muss sich auf eines einstellen: lange Sicherheitskontrollen, eine oft angespannte Atmosphäre – und im schlimmsten Fall auf eine Behandlung, die eher an eine Verdächtigenüberprüfung als an Dienstleistung erinnert. Die Frage, ob sich hinter den bestehenden Abläufen an den Sicherheitschecks ein berechtigter Schutzmechanismus oder längst ein entmenschlichendes Ritual verbirgt, wird immer lauter gestellt.
Seit den Terroranschlägen von 2001 und insbesondere seit dem vereitelten Flüssigsprengstoffanschlag 2006 sind die Maßnahmen an europäischen Flughäfen drastisch verschärft worden. Doch was als Reaktion auf reale Bedrohungen begann, wirkt inzwischen oft wie ein Automatismus, der kaum noch hinterfragt wird. Wer beispielsweise am Flughafen Frankfurt oder Berlin-Brandenburg (BER) durch den Kontrollbereich muss, erlebt nicht selten einen Standardprozess, der an Effizienz mangelt, kaum Transparenz bietet und immer wieder Anlass zu Irritationen gibt – insbesondere bei älteren Menschen, Menschen mit Implantaten oder solchen, deren Äußeres nicht dem Mainstream entspricht.
In vielen Fällen beklagen Passagiere, dass sie sich durch das Verhalten einzelner Kontrolleure bloßgestellt fühlten – sei es durch ruppigen Tonfall, die öffentliche Aufforderung zur Entkleidung bestimmter Körperpartien oder durch mangelnde Rücksichtnahme auf gesundheitliche Einschränkungen. Besonders Frauen berichten von dem Gefühl, bei Körperkontrollen unangemessen behandelt worden zu sein, etwa wenn der Oberkörper abgetastet wird, ohne jede Rückfrage nach Einverständnis oder Rückzugsmöglichkeit.
Zwar gibt es klare Regeln für das Verhalten des Sicherheitspersonals – doch deren Einhaltung scheint stark von der jeweiligen Tagesform und dem Flughafenbetreiber abhängig zu sein. Während in München inzwischen moderne CT-Technik in Betrieb ist, die Flüssigkeiten und elektronische Geräte im Gepäck ohne Auspacken scannt, herrscht in Düsseldorf oder Hamburg oft noch die klassische Variante mit Schalen, entleerten Taschen und starrer Körpersprache. Beschwerden werden von Betroffenen oft als zähes, wenig transparentes Verfahren beschrieben, in dem die Grenze zwischen berechtigtem Sicherheitsinteresse und obrigkeitlichem Kontrollverhalten verschwimmt.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Unsichtbarkeit der Verantwortung. Die Sicherheitskontrollen werden nicht von der Bundespolizei durchgeführt, sondern von privaten Dienstleistern im Auftrag der Flughäfen – mit großer personeller Fluktuation, Zeitdruck und oft dürftiger Bezahlung. Unter diesen Bedingungen leidet nicht nur die Freundlichkeit, sondern auch die Sensibilität im Umgang mit Reisenden. Dass es dabei regelmäßig zu Unmut, Eskalationen oder sogar psychischen Belastungen kommt, überrascht nicht.
Besonders prekär wird es, wenn Reisende körperliche Besonderheiten mitbringen – etwa Prothesen, medizinische Hilfsmittel oder religiöse Bekleidung. Berichte von Menschen, denen das Tragen von Kopftüchern oder Turbanen zum Verhängnis wurde, oder die aufgefordert wurden, Intimbereiche auf offener Fläche zu entblößen, lassen Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Abläufe aufkommen. Auch chronisch Kranke und ältere Passagiere fühlen sich vielfach nicht respektvoll behandelt, sondern durch mechanisierte Prozesse in unangenehme Situationen gedrängt.
Dabei wäre die Alternative längst vorhanden: Die genannten CT-Scanner neuer Generation, die an immer mehr europäischen Flughäfen eingeführt werden, erlauben ein deutlich entspannteres Sicherheitsniveau – ohne Einbußen beim Schutz. Dass diese Technik in Deutschland bislang nur zögerlich implementiert wird, liegt laut Brancheninsidern weniger an finanziellen als an bürokratischen und organisatorischen Hürden. Der Sicherheitsgewinn steht also oft nicht im Verhältnis zum menschlichen Preis, den Reisende dafür zahlen müssen.
Die Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen sind – trotz legitimer Ausgangslage – vielerorts zu einer Erfahrung geworden, die Reisende als unangenehm, entwürdigend oder sogar schikanös empfinden. Was fehlt, ist eine grundlegende Neudefinition von Sicherheit im Dienst der Menschen: technologiegestützt, menschenwürdig, effektiv.
Nicht jeder Sicherheitsmitarbeiter trägt zur Eskalation bei – aber das System selbst scheint derzeit kaum in der Lage, Grenzüberschreitungen systematisch zu verhindern. Es ist Zeit, nicht nur Technik, sondern auch Haltung und Kultur an den Flughäfen zu modernisieren.