Kaum ein Ort Italiens verkörpert den Zauber der Riviera so vollkommen wie Portofino. Das winzige Hafenstädtchen an der ligurischen Küste, südöstlich von Genua, gilt seit Jahrzehnten als Inbegriff mediterraner Eleganz. Seine halbrunde Bucht, die sich in sanften Farben an den Hang schmiegt, ist weltberühmt – eine Filmkulisse, die keiner künstlichen Beleuchtung bedarf.

Wer über die schmale Küstenstraße von Santa Margherita Ligure herabfährt oder mit dem Boot einläuft, erlebt ein Postkartenmotiv, das zugleich echt wirkt: Fischerboote neben weißen Yachten, pastellfarbene Fassaden unter Pinienhügeln, das leise Klirren von Geschirr auf den Terrassen. Portofino ist klein – kaum mehr als ein paar Gassen, eine Piazza, ein Hafenbecken –, aber es steht für einen ganzen Lebensstil: die Verbindung von Schönheit, Ruhe und kultivierter Weltläufigkeit.
Der Ort hinter dem Mythos
Die Wurzeln des einstigen Fischerdorfs reichen bis in die römische Zeit zurück. Später wurde es Teil der Republik Genua und entwickelte sich zu einem diskreten Rückzugsort für Aristokraten, Künstler und Reisende. Bis heute hat sich Portofino seinen Charakter bewahrt: ein Ort, an dem nichts Lautes nötig ist, um Eindruck zu machen.
Rund um den Hafen reihen sich elegante Boutiquen, Galerien und Cafés. Auf den Terrassen genießt man ligurische Spezialitäten – hausgemachte Trofie al Pesto, goldgelb gebackene Focaccia, fangfrischen Fisch und ein Glas Vermentino aus den umliegenden Hügeln.
Über den Dächern wacht das Castello Brown, einst militärischer Posten, heute Museum und Ausstellungshaus mit grandiosem Panorama. Die umliegenden Gärten, terrassenförmig angelegt, duften nach Rosmarin, Bougainvillea und Meer. Gleich daneben liegt die kleine Kirche San Giorgio, Schutzpatronin der Seeleute, in der viele Fischerfamilien noch heute Votivgaben für sichere Rückkehr hinterlassen.
Unterhalb des Hügels führt der Weg zum Museo del Parco, einem Freilichtmuseum mit moderner Skulpturensammlung – eine gelungene Verbindung von Natur und zeitgenössischer Kunst.
Die Piazza Martiri dell’Olivetta, das Herz Portofinos, ist von Cafés und Restaurants gesäumt. Aufgrund des starken Besucherandrangs galt in der Hochsaison 2025 erneut eine zeitweise Aufenthaltsbeschränkung: Zwischen 11 und 17 Uhr darf die Piazza nur von Gästen der ansässigen Betriebe betreten werden, um den Durchgang am Hafen freizuhalten. In 2026 ist dieselbe Regelung zu erwarten.
Einen Kontrapunkt zum mondänen Leben bietet die romanische Chiesa del Divo Martino, die älteste Kirche des Ortes. Ihr schlichter Innenraum und die restaurierten Teile aus dem 19. Jahrhundert erzählen von der bäuerlich-religiösen Seite Portofinos, die hinter der touristischen Fassade weiterlebt.
Zwischen Luxus und Gelassenheit
Über allem thront das legendäre Belmond Hotel Splendido, das in den 1950er-Jahren Berühmtheiten wie Elizabeth Taylor, Clark Gable oder Sophia Loren beherbergte. Der Blick von der Terrasse über die Bucht gehört zu den schönsten des Mittelmeers. Doch trotz seines Glamours ist Portofino kein reiner Jet-Set-Ort geblieben.
Die Natur bleibt präsent, der Luxus diskret. Frühmorgens, wenn das Licht weich über den Hügeln liegt und die ersten Boote ablegen, herrscht eine fast meditative Stille. Wer dann durch die Gassen geht, spürt das eigentliche Wesen dieses Ortes – ein Gleichgewicht aus Eleganz, Einfachheit und Meer.
Wege in die Natur
Rund um Portofino zieht sich der Parco Naturale Regionale di Portofino, ein Schutzgebiet mit über 80 Kilometern markierter Wanderwege. Die Pfade führen durch Steineichenwälder, Olivenhaine und felsige Buchten mit Ausblicken bis nach Korsika. Besonders reizvoll ist der Weg zur Abtei San Fruttuoso di Camogli, die man nur zu Fuß oder per Boot erreicht.
Die romanische Klosteranlage mit ihrem Arkadengang liegt in einer türkisfarbenen Bucht, hinter ihr ragt der steile Hang des Monte di Portofino auf. Im Meer davor ruht die berühmte Cristo degli Abissi, eine Bronzestatue Christi in zwölf Metern Tiefe – ein weltweit bekanntes Symbol des Friedens zwischen Mensch und Meer.
Weniger bekannt, aber ebenso lohnend ist der Besuch der Abtei von Cervara zwischen Portofino und Santa Margherita Ligure. Der Renaissancegarten mit Meerblick, Zypressen und Zitronenbäumen bietet einen stilleren, fast meditativen Eindruck – ideal für Reisende, die den Trubel am Hafen meiden möchten.
„Hotel Portofino“ – Die Serie und die Wirklichkeit
Die britische Fernsehserie „Hotel Portofino“ spielt in den 1920er-Jahren und versucht, das Lebensgefühl der Riviera mit einem Gesellschaftsdrama zu verbinden. Gedreht wurde allerdings überwiegend nicht in Ligurien, sondern an der kroatischen Adriaküste – ein Umstand, der viele Zuschauer überrascht.
Was im Fernsehen als elegantes Historiensetting auftritt, überzeugt durch Kostüme und Ausstattung, verliert jedoch an Tiefe. Die Handlung bleibt oberflächlich, die Charaktere wirken schematisch. Kritiker bemängeln, dass die Serie in britische Klischees verfällt und den eigentlichen Geist Portofinos – seine stille Würde und das harmonische Zusammenspiel von Meer, Architektur und Natur – verfehlt.
Gerade dieser Unterschied zeigt, warum das echte Portofino weit faszinierender ist als seine fiktionale Kopie. Hier ist nichts Staffage: Der Ort lebt aus Licht, Wind, Farbe und Geschichte. Portofino braucht keine Kulisse – es ist Kulisse und Wirklichkeit zugleich.
Reisetipps für 2026
- Anreise: Mit dem Zug bis Santa Margherita Ligure-Portofino, weiter per Linienbus oder Boot. Das Ortszentrum ist autofrei, Parkmöglichkeiten befinden sich oberhalb des Hafens (kostenpflichtig, Reservierung empfohlen).
- Beste Reisezeit: Mai bis Juni und September bis Oktober. Im Hochsommer ist der Ort überfüllt, und Preise steigen deutlich.
- Unterkünfte: Neben dem traditionsreichen Hotel Splendido bieten die Nachbarorte Santa Margherita Ligure und Camogli stilvolle Pensionen und Ferienwohnungen mit besserem Preis-Leistungs-Verhältnis.
- Ausflüge:
- Bootstouren zur Abtei San Fruttuoso und weiter nach Camogli.
- Wanderungen auf dem Küstenpfad über den Monte di Portofino.
- Spaziergang zum Leuchtturm Faro di Portofino – etwa 25 Minuten vom Ortskern, oben wartet eine kleine Lounge-Bar mit unvergleichlichem Meerblick.
- Empfehlenswert sind auch geführte Weintouren durch das ligurische Hinterland (Region Tigullio), wo kleine Winzer Vermentino und Pigato in Terrassenlagen anbauen.
Die Wirklichkeit schlägt die Fiktion
Portofino ist kein Film, sondern eine Erfahrung. Wer hier verweilt, begreift, dass wahre Schönheit nicht aus Inszenierung entsteht, sondern aus Balance – zwischen Landschaft, Architektur und menschlichem Maß.
Die Serie Hotel Portofino trägt den Namen, doch sie bleibt ein Schatten ihrer Vorlage. Der reale Ort hingegen ist ein Gesamtkunstwerk aus Licht, Geschichte und mediterraner Lebensart.